Sat1 hat am 23.11.2010 in der Sendung „akte 20.10“ über angebliche Abzocke durch eine GmbH aus Köln berichtet. Diese ist Betreiberin einer bekannten Singlebörse aus Deutschland. In der Sendung wurde erwähnt, dass akte 20.10 schon hunderte Beschwerdebriefe gegen das Vorgehen dieser Flirtbörse erhalten hat. Gezeigt wurden dann zwei junge Männer, die ihre Fälle im TV geschildert haben.

Doch betrachten wir zuerst die AGB dieser Singlebörse. Im sprichwörtlich „Kleingedruckten“ steht unter Punkt 5:

Das kostenpflichtige Testabonnement hat eine Laufzeit von 14 Tagen und kann jederzeit mit einwöchiger Frist zum Ablauf gekündigt werden. Es verlängert sich um sechs Monate, wenn es innerhalb dieser Frist nicht gekündigt wird

sowie:

Der Preis für das vierzehntägige kostenpflichtige Testabonnement beträgt 1,99 EUR inkl. MwSt.. Der Preis ist nach Vertragsschluss zu zahlen. Das kostenpflichtige sechsmonatige Abonnement kostet 19 EUR monatlich inkl. MwSt. Bei einem sechsmonatigen Abonnement ist jeweils der Preis für drei Monate im voraus zu zahlen

Das bedeutet im Klartext: Wer das Testabo bei dieser Flirtbörse für 1.99 Euro abschliesst, muss es innerhalb von 7 Tagen wieder kündigen. Ansonsten ist er Kunde für mindestens die nächsten 6 Monate – und bezahlt zweimal 57 Euro für den Dienst.

Urteil im Fall Abzocke durch Singlebörse

In einem konkreten Fall, der eben in der akte 20.10 Sendung auf Sat1 gezeigt wurde, wurde nun einem der Opfer vor Gericht recht gegeben. Dem jungen Mann wurde die Premium-Mitgliedschaft für 57 Euro für 3 Monate abgebucht, obwohl er in der zweiwöchigen Testmitgliedschaft gekündigt und seine Einzugsermächtigung widerrufen hatte. So hat das Amtsgericht Karlsruhe dem Kläger, vertreten durch einen Anwalt der Kanzlei Rechtsanwälte Küster Klas & Kollegen, im am 28.09.2010 verkündeten Urteil vom Recht gegeben: Die Betreiberin der Singlebörse wurde verurteilt dem Kläger (dem jungen Mann) rund 150 Euro zu zahlen plus die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Dieser Fall ist also anders als die vielen Fälle, bei denen im Internet Abzocke Vorwürfe laut werden: Sich erst kostenlos anmelden, dann ein vierzehntägiges Testabonnement zu für 1.99 Euro kaufen und wenn man nicht innert 7 Tagen reagiert, sieht man sich mit dem Abschluss eines Abos für 6 Monate konfrontiert. Es ging in diesem Fall um eine Person, die rechtzeitig gemäss AGB gekündigt hat. Warum die Kündigung dann durch die Flirtbörse nicht umgesetzt wurde (verlorene Post?, Versehen?, …), ist unklar.

Begehen Singlebörsen Abzocke?

Automatische Vertragsverlängerungen, auf die nur in den AGBs hingewiesen sind, sind wohl in den Augen der Mehrheit der Deutschen Abzocke, ja – einfach weil niemand davon ausgeht, dass wenn er wie im obigen Beispiel 1.99 Euro bezahlt für etwas, wo er sich „kostenlos anmelden“ kann, er dann anschliessend 114 Euro dafür löhnen muss.

Andererseits ist dieses Vorgehen – und deswegen die vielen Abzocke-Vorwürfe gegen online Kontaktagenturen – leider fast ein Standardverhalten bei den online Partnervermittlungen und Singlebörsen. Gerade automatische Vertragsverlängerungen sind in der Dating-Industrie üblich. Die Begründung: Man wolle nicht, dass der angemeldete Single durch einen Unterbruch der Mitgliedschaft den möglichen Traumpartner verpasse.

Verschiedene Verbraucherschutz-Zentralen warnen denn auch vor diesen automatischen Vertragsverlängerungen. So wird z.B. auf der Webseite der Verbraucherzentrale Hamburg über das Vorgehen der Singlebörse Flirtcafe sowie der beiden grossen Partnervermittlungen ElitePartner und Parship berichtet.

Welche Singlebörsen sind Abzocke?

Wir haben versucht, die Stimmen der Menschen im Internet zum Thema „Abzocke durch Singlebörsen“ zu messen. Gemäss unserer Erhebung vom August 2010 sind die Singlebörsen mit dem grössten Anteil an Vorwürfen zum Thema Abzocke eDarling, KissNoFrog und iLove. Flirtcafe folgt an vierter Stelle. Nehmen wir Flirtcafe als Beispiel, wonach viele Deutsche bei Google im Zusammenhang mit einer Singlebörse suchen. Google Suggest zeigt die häufigsten Suchanfragen an, die mit einem Suchbegriff zusammenhängen. Oft zusammen mit Flirtcafe verwendete Suchbegriffe sind nebst dem Begriff „Test“ (für Testbericht oder Vergleich) auch „Flirtcafe Abzocke“, „Flirtcafe Account löschen“ oder Flirtcafe abmelden/kündigen. Schauen Sie selbst, was Google Suggest vorschlägt, wenn man Flirtcafe eintippt:

Unsere Tipps zum Thema Abzocke durch Singlebörsen

Ob automatische Vertragsverlängerungen wirkllich Abzocke sind, möchten wir nicht beurteilen. Fakt ist, dass dies im online Dating branchenüblich ist, aber auch in vielen anderen Branchen vorkommt, seien dies Telekommunikation (DSL, Handy), Zeitschriften, Versicherungen (Auto, Unfall, etc) oder Fitnessstudios. Beachten Sie deswegen diese zwei Tipps gegen Abzocke durch Singlebörsen:

Tipp 1: Lesen Sie vor dem Bezahlen einer Mitgliedschaftsgebühr die AGB der Singlebörse aufmerksam durch. Auch wenn es mühsam sein kann, viel Text durchzulesen, wenn man doch möglichst rasch eine Frau oder einen Mann finden will – tun Sie es einfach. Errechnen Sie den Kündigungstermin und setzen Sie sich eine Notiz im Kalender, um rechtzeitig zu kündigen, wenn Sie Ihre Mitgliedschaft nicht verlängern wollen. Und kündigen Sie mittels Einschreiben und bewahren Sie die Quittung auf – dann sind Sie rechtlich auf der sicheren Seite.

Tipp 2: Dass man es auch ganz anders als die meisten Singlebörsen machen kann und dabei grossen Erfolg haben kann, zeigt die Partnervermittlung und Seitensprung-Agentur Lovepoint. Die Mitgliedschaft für Frauen ist komplett kostenlos. Und für Männer gibt es keine automatische Vertragsverlängerung. Zudem können Männer ihre Mitgliedschaft auch unterbrechen – z.B. bei einer längeren Ferienabwesenheit. Somit ist in unseren Augen Lovepoint eine seriöse Erotik-Dating Webseite.